In Lettland von Küste zur Küste
Am fünften Fahrtag sollte es über die Grenze nach Lettland gehen. Hierzu starteten wir zuerst in Litauen mit einer Ortsdurchfahrt von Polangen (Palanga). Einst war der südliche Teil der Stadt die Nordspitze des deutschen Ostpreußens. Heute ist dies einer der oder der größte lettische Urlaubs- und Partyort. So reihen sich Bars, Clubs und sonstige Etablissements aneinander. Es wurden gerade auf der Straße mit Kärcher und Pustefix die Hinterlassenschaften der letzten Nacht beseitigt. Das bereits erschiene Personal war wach, mehr aber auch nicht.
Bis kurz vor der Grenze radelten wir weiterhin auf den hervorragenden Fahrradwegen. Dann ging es auf die A13. Wir ahnten schon Böses, da es die höchste Kategorie von Straßen in Lettland darstellt. Eine Autobahn ist es jedoch zum Glück nicht, eher eine Bundesstraße, die nicht ganz so stark befahren ist wie bei uns. Auf diesem Straßentyp verläuft in Lettland ein Großteil der Euroveloroute. Exakt mit Grenzüberschritt durchfuhren wir auch die erste der diversen Etappenbaustellen. Mit Längen von 500 Metern bis 2 Kilometern sind sie ganz schön anstrengend. Zudem sind sie naturgemäß auf den Autoverkehr ausgerichtet, so dass man die Durchfahrt in der Grünphase nur in ca. 50 % der Fälle schafft. Wir ignorieren die Ampel mittlerweile in diesen Fällen konsequent, so dass sich die Baustellen ertragen lassen.
Da der fünfte Tag mit ca. 32 Grad der vsl. heißeste unserer Tour wird, sind wir bereits nach etwas über 70 Kilometern auf einen Zeltplatz direkt am Meer eingebogen. Wir brachten beides zusammen und sprangen auch nach Aufbau des Zeltes direkt am weißen Sandstrand in die Ostsee. Sehr erfrischend. Der Zeltplatz war etwas für die ganze Familie mit allem pipapo – 3 Spielplätze, Restaurant, Trampolinanlage, Streichelzoo usw. Darüber hinaus war er jedoch auch liebevoll mit maritimen Details und Kleinkunst ausgestattet, bspw. individuell gehäkelte Beringung eines Großteils der Bäume. Ist Geschmackssache. Ein lustiges Detail fanden wir im Entsorgungsbereich – unsere Tonne besieß oben einen Schlitz und drauf stand “Wahlbezirk Frankfurt am Main“. Auch eine Art, zu sagen, wie modern die Stimmabgabe in Deutschland ist. Zumindest im Nachbarland Estland kann man bereits seit 2005 seine Stimmabgabe elektronisch durchführen.
Vor den letzten drei Tagen in Lettland hatten wir Respekt, da einerseits noch eine große Strecke vor uns lag, andererseits für den drittletzten sowie letzten Tag in Lettland Regen vorhergesagt war. So wurden wir am nächsten Morgen auch direkt gegen Sechs von einem kräftigen herannahenden Gewitter geweckt. Wir versuchten noch schnell, alles zusammenzupacken, schafften es jedoch leider nicht. Somit flüchteten wir unter etwas festere Bausubstanz und packten anschließend das klitschnasse Zelt ein. Der Tag blieb unbeständig, wir schafften jedoch ob guten Timings unserer Pausen eine größere Strecke im Trockenen. Auf unserem Weg lagen die beiden größeren Orte Libau (Liepaja) und Paulshafen (Pavilosta). Zu beiden gibt`s nicht viel zu sagen. Man sieht hier, dass Lettland der ärmste der drei baltischen Staaten ist. Der Lack ist zumeist ab, und dies optisch bereits die letzten dreißig Jahre. Bei Libau kommt jedoch verschärfend hinzu, dass die Stadt zur Zeit der russischen Okkupation wg. des Militärhafens vom Umfeld abgeschnitten war. Davon erholt es sich offensichtlich bis heute nur schwer.
Am siebten Tag fuhren wir ins Landesinnere, zuerst durchs Kurland. Landschaftlich erinnert’s zumeist an die Mecklenburger Schweiz mit einer Überwürzung an Nadelwald. Im Kurland hielt sich die deutsche Wehrmacht mit den Letten an ihrer Seite bis zur Gesamtkapitulation noch gegen Russland. Die Letten kämpften sogar nach dem Krieg noch bis 1953 aus den Wäldern heraus weiter. Zumindest die Letten sind hier auf ihre “Helden“ stolz, wie man es das eine und andere Mal auf historischen Hinweisschildern am Straßenrand lesen kann. Sehenswert ist im Kurland auf jeden Fall Goldingen (Kuldiga) mit seinem historischen Kern. Ist hier erstmal der Großteil saniert… können die Einwohner sich vor Touristen vmtl. kaum noch retten. Durch den Ort führt auch das Flüßchen Windau (Venta). Aus dem Ort heraus ergibt sich ein traumhafter Blick auf den fast 300 Meter breiten Wasserfall. Am Ende des siebten Tages stoppten wir mangels Alternativen auf einem wilden Campingplatz bei den Wasserfällen Abavas Rumba. Somit ging es statt unter die Dusche in den Fluss und in Erwartung des nächtlichen Regens zeitig ins Zelt.
Am achten Fahrtag und damit letzten in Lettland hieß unser Reiseziel Mersrags am Rigaischen Meerbusen. Wir hatten zum Glück nur 70 km zu bewältigen. Da das Wetter sehr wechselhaft war und wir mehrmals nass wurden, war dies jedoch auch gut so. Unterwegs durchfuhren wir die Stadt Talsi. Hier gab es heute ein Mountainbikerennen für Kinder, welches insbesondere durch die Eltern zelebriert wurde. Carsten überlegte kurz, mit an den Start zu gehen – inkl. Gepäck. Ansonsten ergab sich auf der heutigen Tour ein ähnliches Bild wie gestern im Kurland. Damit ist unser Weg in Lettland nun beendet und morgen gehts auf den gecharterten Ausflugskutter Palsa auf die kleine Insel Ruhnu. Den Kahn haben wir im Hafen bereits entdeckt und so sind wir guter Dinge, dass wir morgen früh um 8 losschippern können.
Marina schreibt am:
13. August 2018 um 11:48
Hallo, ihr zwei, hab heute auf der Weltkarte nachgeschaut, wo genau ihr euer Zelt zurzeit aufgeschlagen habt. Habt ja schon einen großen Teil eurer Reise geschafft. Ich würde euch empfehlen, doch noch einen Abstecher nach Riga einzuplanen. Die Stadt ist nicht so groß, hat aber einen schönen historischen Stadtkern und viele schöne sanierte Häuser im Jugendstil. Liebe Grüße und weiterhin gute Fahrt.
Aileen schreibt am:
13. August 2018 um 14:21
Das wird leider nichts mit dem Abstecher nach Riga. Dafür reicht die Zeit nicht. Deswegen kürzen wir bereits über die Insel Ruhnu ab.