Vom Grand Canyon bis ans Meer
Die Nacht am Lac de Sainte-Croix war kurz. Pünktlich um 9 Uhr saßen wir auf den Rädern, bereit für die höchste Herausforderung unserer Tour: Wir folgten der Route de Comps bis auf knapp über 1.200 m. Das bedeutete zum Start ca. 750 Höhenmeter verteilt auf ca. 12 Kilometern erklimmen. Bereits auf halber Höhe bei Aiguines waren wir von der Aussicht ins Tal auf den See begeistert. Der Blick auf den restlichen Anstieg allerdings flößte vor allem mir ziemlich Respekt ein. Ab und zu sahen wir nämlich die Autos, die bereits auf der Zielhöhe entlangfuhren. Die Straße war komplett in die steile Felswand gesprengt und schlängelte sich das Verdontal hinauf, immer in der Nähe des Flusses Verdon im Tal. An vielen Stellen waren extra kleine Haltebuchten vorgesehen, die wir für kurze Verschnauf- und Trinkpausen nutzten. Ab und zu hallten Rufe durch das Tal von Kletterern, die wir ganz klein an der steilen Felswand des Grand Canyon du Verdon erkennen konnten. Ich persönlich könnte DAS ja nie machen!
Die Aussichten aber waren einfach nur der Wahnsinn! Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Wir können jedem nur empfehlen sich diese Region einmal selbst anzuschauen 🙂
Bis einschließlich dem letzten von insgesamt drei größeren Anstiegen durften wir die Sonne genießen. Hinter uns allerdings türmten sich dunkle Wolken auf und irgendwann hatten sie uns auch eingeholt. Es folgte eine einstündige Fahrt in strömendem Regen. Da wir auch noch ziemlich weit oben waren, wurde es auch empfindlich kalt.
Eigentlich wollten wir an diesem Tag, spätestens nach dem Regen, gar nicht so weit fahren. Aufgrund eines militärischen Sperrgebiets (in dem du auf 15 km die Straße nicht verlassen durftest), weit und breit keinem Zeltplatz in Sicht sowie ausgebuchten Hotels (zumindest bei denen wir abgestiegen wären) trudelten wir total erschöpft und hungrig nach 12 Stunden auf dem Rad und wieder 90 km auf einem Zeltplatz ein.
Ein Vorteil war natürlich, dass wir auch durch diese lange Tour noch entspannter auf die verbleibenden Tage gucken konnten. Wir waren fast wieder am Mittelmeer, unserem Ziel des gestrigen Tages. Er begann mit einer teilweisen Umrundung des Lac de Saint-Cassien, einem Stausee. Viele Mountainbiker, aber auch Reiter waren hier auf den Sandwegen unterwegs. Der Weg führte uns in ein weiteres Tal. Nach einem kleinen Mittags-Picknick ging es nochmal auf etwa 140 m hinauf und überrascht kamen wir an einer zerstörten Staumauer heraus, der Barrage de Malpasset. Überall und auf mehreren Kilometern Länge lagen noch Staumauerreste im ehemaligen Flussbett. Wie wir später nachlesen konnten, gab es im Jahr 1959, nur vier Jahre nach der Fertigstellung, hier tatsächlich ein großes Unglück. Durch die Flutwelle, die bis ins etwa 10 km entfernte Féjus gelangte, kamen etwa 400 Menschen ums Leben.
Heute begann die Tour in Agay. An der wunderschönen Steilküste fuhren wir bis nach Cannes. Zwischen Läden wie Gucchi, Armani und Rolex, Bodyguards, schicken Autos und hübschen Leuten (und denen die glauben, dass sie es wären) kamen wir uns als Radwanderer ein wenig seltsam vor 😀 An der Strand- und Hafenpromenade reihten sich hinter den großen Yachten die teuren Hotels aneinander. Ein großes Festival findet hier ebenfalls gerade statt, allerdings keines mit bekannten Hollywoodstars – schade 😉
Jetzt befinden wir uns in Sichtweite zu Nizza. Dort fahren wir morgen Mittag durch und am Nachmittag dann durch Monaco bis hinter die italienische Grenze. Hier endet dann auch unsere Radreise und es geht mit dem Zug nach Mailand…
Marina schreibt am:
21. Juni 2016 um 21:16
Ich kann nur sagen, immer wieder wunderschöne Eindrücke, die ihr uns vermittelt auf eurer Tortour de France . Ja, wäre wirklich schön, mal in diese Gegend zu reisen. Lg und weiterhin viel Freude am Fahren.