Es geht endlich wieder los
Montag, 06. August 2018
Direkt für den ersten Urlaubstag wurden die Wecker auf kurz nach 5 gestellt. Somit konnten wir den 6 Uhr-Zug nach Ludwigslust nehmen, um dann über Berlin zu unserem Startort Danzig zu gelangen. Die erste Überraschung gab es dann auch direkt am Bahnsteig in LWL, der uns trotz Reservierung und Bitten nicht mitnehmen wollte. Grund: Der Waggon mit Fahrradabteil war nicht dabei. Tolle Wurst. Zum Glück gabs einen Schalter, bei dem wir noch eine Alternative mit taggleicher Ankunft buchen konnten. Sonst wäre die Tour auch schon wieder vorbei – unser Visum für Russland bedingte eine pünktliche Anreise.
Gegen neun Uhr Abends radelten wir dann endlich durch Danzig. Sehr schön und mit einer Prise Straßenkultur, genau so, wie wir sie von unserem Tourabschluss vor vier Jahren in Erinnerung hatten. Bei drei Hotels fragten wir nach freien Plätzen für die Nacht – jedoch sämtl. Betten belegt – läuft. Also hieß es – Fahradlampen sowie die des GPS an und auf den großen Ausfahrtsstraßen raus aus der Stadt. Nach ca. 1 Stunde Fahrt kamen wir dann endlich auf einem Zeltplatz an. Das Tor mussten wir selbst “knacken“, in der Rezeption war jedoch noch jemand. Somit waren wir, wenn auch spät, nun im Urlaub angekommen.
Am nächsten Tag setzen wir von der Insel, auf der wir übernachteten, mit einer Fähre über die Weichsel. Zuerst ging es noch ein kleines Stückchen in Ostseenähe entlang, hier mit dem gewöhnlichen polnischen Tourikitsch inkl. Lody Gofry Staffette, Spielautomaten und Billigunterkünften. Danach fuhren wir jedoch nördlich von Marienburg und Elblag über Tolkmicko am frischen Haff nach Fraunenburg (Frombork) durchs Hinterland. Hier gab es dann eine schöne Mischung aus bestellten Feldern, Flüssen und Seen, Dörfern, denen teilweise die deutsche Vergangenheit anzusehen war und später auch kleineren bewaldeten Hügeln im Bereich der Elbinger Höhen. Die Wege waren, nach unserer eher mäßigen Erfahrung vor vier Jahren in Polen, diesmal grundsätzlich gut. Beschilderung gibt es, trotz Ostsee-Eurovelo, an keiner Stelle. Dafür entdeckten wir einen Greenvelo vor Tolkmicko. Diese Wege kannten wir bereits aus Tschechien und diese zeichnen sich zumeist durch ihre Führung absets vom Verkehr aus. Dafür nimmt man dann auch den Plattenweg in Kauf.
Nach ca. 90 km kamen wir in der Zielstadt Frauenburg an. Eben diese schauten wir uns auch noch an – sehr sehenswert. Nikolaus Kopernikus lebte und arbeitete hier. In der Burg kann man auch einen Blick in sein Observatorium werfen.
Heute fuhren wir früh los, um möglichst rechtzeitig an der russischen Grenze zur Exklave Kaliningrad zu sein. Dies gelang uns auch und in etwas unter einer Stunde hatten wir die insgesamt 5 Kontrollen durchlaufen. Es ist mit Kenntnis der europäischen Reisefreiheit schon etwas befremdlich. Zumindest trägt man aber hier keine großkalibrigen Waffen mehr offen. Danach ging es für uns dank Rückenwind als auch unsere überholenden Autos sehr flott über eine seeeehr gerade Straße ~ 50 km nach Kaliningrad. Lediglich eine kurze Pause machten wir in der “Brandenburg Taverne“. Die Leute stehen hier gefühlt ein bissl auf die deutsche Vergangenheit – nur beim deutsch, aber auch englisch hapert es. Das gute Schulrussisch von Carsten hilft aber an der einen oder anderen Stelle, sei es auch nur zur Begrüßung, Verabschiedung, Danke oder auch die Schilder an der Straße.
Nach Ankunft in Kaliningrad und Hotel-Check-in drehten wir noch eine Runde zu Fuß durch die Innenstadt. Historisches gibt es hier nicht sehr viel zu sehen. Zumeist begegnet einem eine romantische Plattenbau-Tristesse nebst Kriegsdenkmälern in jeder denkbaren Form. Lediglich einige wenige Vorkriegsgebäude sind noch erhalten bzw. wieder aufgebaut. Leider verfallen noch immer ältere Gebäude, obwohl an anderen Stellen Retortengebäude hochgezogen werden. Aber das wird schon. Am Grab von Immanuel Kant haben wir ihm nochmal kritisch aus reiner Vernunft anerkennend zugenickt und sind anschließend abends noch im eher nördlich liegenden Szenegebiet essen gegangen. Morgen werden wir Kaliningrad über die Kurische Nehrung Richtung Litauen verlassen – müssen wir auch, denn das Visum gilt nur bis dahin.