Bye bye Beton, hallo Natur
Mittwoch, 08. August 2018
Am dritten Fahrtag unserer diesjährigen Tour starteten wir bei unserem Hotel zentral in Kaliningrad. Gen Norden gibt es nicht so richtige kleinere Ausfahrtsstraßen. So entschieden wir uns zw. Pest und Cholera und fuhren nach Nord-Westen auf einer streckenweise sechsspurigen Straße aus der Stadt. Nach ca. fünfzehn Kilometern waren wir froh, auf eine kleinere Landstraße einbiegen zu können. Aber auch hier musste man höllisch aufpassen, da wir trotz Gegenverkehr generell stets überholt wurden. Aber wir leben ja beide noch. So peikten wir die ersten 35 km auch ohne Pause bis zum russischen Küstenbadeörtchen Selenogradsk durch. Einfach nur potthäßlich – über die Ostsee betonierte Promenade, betonierte Seebrücke, betonierte Hotelkomplexe und ca. die Hälfte abrissreif bzw. nicht vollendet, bei kleineren Häusern scheint zusätzlich ein mannhoher Betonzaun in Irgendwasoptik envogue zu sein. Dafür lässt man auf der anderen Seite ältere Baustruktur verkommen. Gekrönt wird dies mit der Tatsache, dass an den Absperrzäunen im Ort mit Bildern aus den 20-30er Jahren an “bessere Zeiten“ erinnert wird. Den zumeist russischen Besuchern scheint es egal zu sein, gut besucht ist’s.
Also nach kurzer Pause inkl. Einkauf raus aus dem Ort und rauf auf die Kurische Nehrung. Diese ist insgesamt Naturschutzgebiet. Bis zur litauischen Grenze hatten wir noch 50 km zurückzulegen. Die Strecke führte auf einer kleinen Straße durch bewaldetes Gebiet. Leider gab es keinen einzigen Blick auf Ostsee oder Haff. Daher bestiegen wir hierzu eine der Dünen (Müllers Höhe) und wurden auf ca 45 m Höhe für den Aufstieg belohnt. Ansonsten wurde der Weg auf der Nehrung auf russischer Seite lediglich von drei kleineren Orten unterbrochen. Einen hiervon schauten wir uns etwas genauer an. Touristisch war zumindest dieser nicht erschlossen, die Lebensbedingungen überwiegend sehr einfach. Nach ca. 90 km waren wir letztendlich froh, noch rechtzeitig vor Ablauf unseres Visums die Grenze erreicht zu haben. Die bereits bekannte Wartezeit versüßte uns ein Fuchs, der sich uns bis auf zwei Schritte näherte, um offensichtlich nach etwas Essbaren zu betteln. Kurz hinter der Grenze lag in Nidda unser Zielzeltplatz für die Nacht. Da es noch nicht sehr spät war, nutzten wir die Zeit für einen Spaziergang durch den Ort, aßen am Hafen frisch geräucherten Fisch und bestiegen zum Sonnenuntergang eine weitere Düne auf litauischer Seite – traumhaft.
Am vierten Reisetag waren wir nun in Litauen unterwegs. Die ersten 50 km weiterhin auf der Nehrung, die letzten 30 auf dem Festland. Und – es ist traumhaft. Bestens ausgebaute Fahrradwege mit abwechslungsreicher Führung, schöne Natur zu Land sowie an der Küste und auch die Stadt Klaipeda (Memel) nach Übersetzen aufs Festland überzeugt mit historischem Kern und diversen guten Lokalen. Auch die Zeltpätze sind bis dato eher mit deutschen als polnischen Standard zu vergleichen. Insgesamt ist Litauen ein kompletter Kontrast zum eher tristen Streckenabschnitt zuvor in Russland. Wir sind gespannt, ob dies so bleibt und was uns ab morgen in Lettland erwartet…